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Wissenschaft im Dialog: Forschungs- und Transferforum 2025

Wie gelingt der Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis? Das Forum der HWR Berlin zeigte 2025, wie aus Forschung Impulse für Gesellschaft, Demokratie und Kooperation entstehen.

09.07.2025 — Leo Fenster

Foto: pixelanddotphotography

Das Forschungs- und Transferforum der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin hat sich auch 2025 als lebendiger Treffpunkt für angewandte Forschung, Wissensdialog und Kooperationsideen bewährt. Ausgerichtet von der Vizepräsidentin für Internationales, Forschung und Transfer sowie dem Zentralreferat Forschungsförderung bot die Veranstaltung rund 80 Gästen aus Hochschule, Verwaltung und Wirtschaft ein vielfältiges Programm – mit pointierten Vorträgen, klugen Diskussionsimpulsen und viel Raum für Gespräche auf Augenhöhe. In ihrer Begrüßung betonte Prof. Dr. Sabine Baumann die thematische Breite und gesellschaftliche Relevanz der Forschung an der HWR Berlin.

Demokratie gestalten: Wissenschaft in Verantwortung

Das aktuelle Themenjahr der HWR – Demokratie gestalten – bildete den inhaltlichen Rahmen für den ersten Programmblock, moderiert von Dr. Michael Ebert. Unter dem Titel „Demokratische Gesellschaften zwischen Partizipation und Ablehnung zeigten drei Projekte, wie Wissenschaft gesellschaftliche Prozesse begleitet.

Prof. Dr. Heike Wiesner stellte das Projekt INSPIRER vor, das digitale Beteiligungsformate in der Stadtplanung untersucht. Ziel ist es, mithilfe von Virtual und Augmented Reality Bürger*innen eine leichtere Mitwirkung zu ermöglichen und Planungsprozesse anschaulicher zu gestalten – insbesondere für Bevölkerungsgruppen, die bislang kaum einbezogen wurden. Erste Projektergebnisse zeigen: Der Einsatz von VR/AR erleichtert nicht nur die Visualisierung komplexer Inhalte, sondern fördert auch die aktive Mitgestaltung – selbst in frühen Planungsphasen. Darüber hinaus wurde deutlich, dass diversity-orientierte Schulungen des Technik-Teams sowie die integrative Zusammenarbeit aller beteiligten Akteur*innen maßgeblich zum Gelingen der Formate beitragen.

 

Prof. Dr. Daniela Hunold präsentierte erste Ergebnisse aus dem Projekt SAGRE, das Gewalt gegen Rettungskräfte untersucht. Im ersten Forschungsteil wurden mithilfe ethnografischer Methoden die Perspektiven betroffener Einsatzkräfte sowie die organisatorischen Rahmenbedingungen in Feuerwehr und Leitstellen analysiert. Die Untersuchung zeigt, dass hohe Arbeitsbelastung, ökonomischer Druck, unklare Zuständigkeiten sowie tradierte Vorstellungen von Männlichkeit Faktoren sind, die Eskalationen begünstigen und präventive Maßnahmen erschweren. In den nächsten Projektphasen sollen auch Täter*innen und Beobachtende von Gewaltsituationen befragt werden. Ziel ist es, mit alltagsnaher Forschung fundierte Ansätze für wirksame Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Das Projekt läuft noch bis 2027.

Prof. Dr. Markus Wissen schließlich ordnete die ökologische Krise in einen größeren Zusammenhang ein. In seinem Vortrag zum Buch Kapitalismus am Limit plädierte er für eine Suffizienzstrategie – solidarische Selbstbegrenzung statt rein technischer Lösungen. Transformation, so Wissen, sei nicht nur eine Umwelt-, sondern vor allem eine Demokratiefrage: Sie erfordere Konfliktaushandlung, Beteiligung und gemeinsame Zielvorstellungen.

Forschung trifft Praxis: Transferpartnerschaften im Gespräch

Wie gelingt es, Wissenschaft und Praxis dauerhaft in produktiven Austausch zu bringen? Diese Frage stand im Zentrum der Podiumsgesprächs unter Leitung von Dr. Katharina Maak-Castro. Vertreter*innen aus Hochschule, Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft diskutierten Gelingensbedingungen für kooperative Projekte – von Förderstrukturen über rechtliche Unterschiede bis hin zu Fragen des Vertrauens und der Verständigung.

Mechthild Bonnen (HWR Berlin, „Zukunft findet Stadt“) und Carmen Albrecht (Handwerkskammer Berlin) berichteten vom gemeinsamen Innovation Work Retreat zum Thema Farbeimerrecycling – ein Beispiel dafür, wie praxisnahe Fragestellungen und co-kreative Methoden in kurzer Zeit zu innovativen Lösungsansätzen führen können.

Stefanie Dümmig (IHK Berlin) betonte gemeinsam mit Carmen Albrecht die Rolle der Kammern als Vermittlerinnen zwischen Betrieben und Forschung. Während Unternehmen sich oft flexibel auf Kooperationen einlassen können, sind Hochschulen stärker an formale Vorgaben gebunden – das erfordert klar kommunizierte Rahmenbedingungen und verlässliche Förderinstrumente.

Auch die Wissenschaft brachte konkrete Praxisprojekte ein: Prof. Dr. Andreas Schmietendorf und Michael Thimm (Bundespolizei) stellten TAHAI vor, ein Projekt zur KI-gestützten Vandalismusprävention. Prof. Dr. Nicola Winter präsentierte ReComTrans, ein Prognosetool für das Revenue Controlling im ÖPNV, das u. a. mit der BVG entwickelt wird. Beide Projekte zeigen, wie technologische Lösungen nur durch enge Zusammenarbeit mit der Praxis realitätsnah gestaltet werden können.

Prof. Dr. Vincenz Leuschner stellte das Projekt PSNV-NET Plus vor, das die psychosoziale Notfallversorgung bei Großschadenslagen verbessern soll. Ziel war der Aufbau funktionierender Netzwerke zwischen Einsatzkräften, Fachkräften und Behörden – begleitet durch Forschung, die Strukturen analysiert und gezielt weiterentwickelt. Auch hier zeigt sich: Erst im Zusammenspiel unterschiedlicher Wissensformen entstehen tragfähige Lösungen.

Die Diskussion machte deutlich: Transfer ist kein Einbahnstraßenprozess, sondern ein wechselseitiger Lernraum – getragen durch Offenheit, strukturelle Unterstützung und gemeinsame Verantwortung.

Ausgezeichnete Forschung: POLITEIA-Preis 2024 vergeben

Im Rahmen des Forums wurde dieses Jahr der POLITEIA-Preis der HWR Berlin verliehen – eine Auszeichnung für herausragende studentische Arbeiten im Bereich der Frauen- und Geschlechterforschung. Die prämierten Themen reichten von gendergerechter Verwaltungssprache über Vergewaltigungsmythen unter Polizeianwärter*innen bis hin zur Datenlücke bei der Entwicklung von Medikamenten. Die Preisverleihung übernahmen Prof. Dr. Sabrina Schönrock und Viola Philipp. Weitere Informationen zu den Ausgezeichneten finden Sie hier.

Entdecken und Vernetzen: Projekte im Dialog

Zum Ausklang des Forums lud ein Projektmarktplatz mit Postern und Infoständen – unter anderem vom Zentralreferat Forschungsförderung – zum offenen Austausch ein. Auch das Hochschulnetzwerk „Zukunft findet Stadt“ war mit zwei Formaten vertreten und bot weitere Einblicke in laufende Projekte.

Die Third Mission School, vorgestellt von Beeke Bartelt (Museum für Naturkunde Berlin), entwickelt Trainingsformate für Wissenschaftler*innen, die partizipative Forschungsansätze erproben möchten – z. B. durch Storytelling, Co-Kreation oder dialogische Beteiligung. Ziel ist ein Transfer, der gesellschaftliche Relevanz nicht nur behauptet, sondern konkret erfahrbar macht.

Einblicke in die digitale Zukunft des Forschungstransfers bot das Projekt HAWmatch, das derzeit als Matching-Plattform zwischen Hochschule und Praxis entwickelt wird. Holger Zimmermann (HWR Berlin) stellte den klickbaren Prototyp vor, der vor Ort getestet werden konnte. Das gesammelte Feedback fließt in die Weiterentwicklung ein – und zeigt bereits jetzt, wie digitale Werkzeuge Kooperationen gezielt fördern können.

Relevant für die Gesellschaft

Das Forschungs- und Transferforum 2025 zeigte einmal mehr, wie vielfältig, anwendungsnah und gesellschaftlich relevant die Forschungsaktivitäten an der HWR Berlin sind. Ein herzliches Dankeschön gilt allen Mitwirkenden – auf dem Podium, an den Projekttischen und hinter den Kulissen –, die diesen erkenntnisreichen und vernetzungsoffenen Nachmittag möglich gemacht haben.