Fachtagung „Erfolgreich Vernehmen“
Vom 28. bis 30. April 2025 fand an der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg in Kooperation mit der HWR Berlin die Fachtagung „Erfolgreich Vernehmen“ statt.

Seitens der HWR Berlin waren der Fachbereich Polizei und Sicherheitsmanagement und das Forschungsinstitut für öffentliche und private Sicherheit in die Tagung involviert, die von Prof. Dr. Ralf Alleweldt, Prof. Dr. Schade und Prof. Dr. Birgitta Sticher organisiert wurde.
Prof. Dr. Stefan Schade begrüßte die 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Polizeipraxis, Lehre und Wissenschaft zu der Tagung, die sich mit der „Untersuchenden Vernehmung“ als polizeilichem Vernehmungsstandard befasste. Die Wissenschaft, vor allem die angewandte Psychologie, hat in den letzten Jahrzehnten empirisch gezeigt, dass die untersuchende Vernehmung mehr tatrelevante Informationen verspricht, das Risiko für falsche Geständnisse minimiert und gleichzeitig eine ethisch unbedenkliche und menschrechtskonforme Vorgehensweise sichert. Kurzum: Die Polizei wird noch leistungsfähiger und handelt rechtsstaatlich. Auf dieses Ziel, so war es auf der Tagung sichtbar, können sich Wissenschaft und Polizeipraxis einigen. In einem Grußwort betonte Prof. Dr. Heike Wagner, Präsidentin der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg, ebenfalls die Wichtigkeit und Notwendigkeit eines ständigen Austauschs zwischen Wissenschaft und polizeilicher Praxis.
Tagung mit Vorgeschichte
Die Tagung hatte eine Vorgeschichte: Im Mai 2024 hatte in Oranienburg eine dreitägige internationale Fachtagung „The police, investigative interviewing and human rights – legal, psychological and practical aspects“ mit rund 70 Teilnehmenden aus aller Welt stattgefunden. Bereits auf dieser englischsprachigen – eher dem wissenschaftlichen Austausch über die untersuchende Vernehmung gewidmeten – Tagung hatte das Organisations-team den Entschluss gefasst, eine gemeinsame deutschsprachige Fachtagung zu organisieren, die den Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse zur untersuchenden Vernehmung in die Polizeipraxis noch stärker unterstützt, so dass Polizeibeamtinnen und -beamte in Deutschland davon maximal profitieren können.
Ziel der diesjährigen Tagung war es daher, die Erkenntnisse aus jahrelanger Forschung mit Teilnehmenden aus der Polizeipraxis zu diskutieren und zu reflektieren. Am ersten Tag lieferten wissenschaftliche Fachvorträge hierfür die Grundlage. Sie behandelten die für polizeiliche Vernehmungen hochrelevanten Merkmale und Unvollkommenheiten des menschlichen Gedächtnisses (Prof. Dr. Thimna Klatt), die Problematik falscher Geständnisse (Dr. Teresa Schneider), die menschenrechtlichen Aspekte der polizeilichen Vernehmung (Prof. Dr. Ralf Alleweldt) sowie die wissen-schaftlichen Belege für die Wirksamkeit der untersuchenden Vernehmung.
Vernehmungsexpertise in der Polizeipraxis
Darauf aufbauend wurde den Teilnehmenden am zweiten Tag in acht vormittags und nachmittags parallel stattfindenden Workshops die Möglichkeit gegeben, aktuelle Trainings zur Vernehmung exemplarisch kennenzulernen. Die erfahrenen Trainerinnen und Trainer (s. ausführlich dargestellt im Tagungsprogramm) kamen aus verschiedenen Bundesländern und deckten eine große Spannbreite an Themen ab.
Am dritten Tag stand die Frage im Mittelpunkt, wie die Vernehmungsexpertise in die Polizeipraxis gelangen kann. Hierzu wurden aktuelle Entwicklungen - das Modell VERITAS der Kriminalistikdozierenden in Bund und Ländern (Prof. Thomas Gundlach), das modulare Fortbildungskonzept der Polizei Niedersachsen (Prof. Dr. Bernd Körber) und das aktuell bis 2027 laufende Projekt ImpleMendez (Jun.-Prof. Dr. Lennart May) zur weltweiten Umsetzung der sogenannten Mendez-Prinzipien - vorgestellt. In der ebenfalls am letzten Tag stattfindenden Podiumsdiskussion wurde deutlich, dass in Berlin, Brandenburg und auch bundesweit die Notwendigkeit erkannt worden ist, die polizeiliche Aus- und Fortbildung sowie das untrennbar damit verbundene Personalmanagement der Polizeien weiterzuentwickeln, um die untersuchende Vernehmung als Qualitätsstandard der polizeilichen Vernehmungsführung umzusetzen.
Das Organisationsteam
Prof. Dr. Stefan Schade Prof. Dr. Birgitta Sticher Prof. Dr. Ralf Alleweldt
Kommentare zur Veranstaltung:
KHK‘in Julia Exler (Polizeidirektion West, Kriminalpolizei in der Direktion, Polizei Brandenburg)
„Die Veranstaltung war ein voller Erfolg. Mit Teilnehmenden aus allen Bundesländern bot sie eine hervorragende Plattform für Austausch und Vernetzung gerade im Bereich sexualisierte Gewalt. Die Workshops waren praxisnah und gut organisiert. Besonders überzeugend waren die kompetenten Referentinnen und Referenten, die durch Fachwissen und Engagement beeindruckten. Ein großes Dankeschön für die gelungene Veranstaltung!“
KHK Erik Moede (Polizeidirektion Nord, Kriminalpolizei in der Direktion, Polizei Brandenburg)
„Ich fand es eine rundum gelungene Veranstaltung. Als ehemaliger Ermittler aus dem Bereich der Eigentumskriminalität, der den Masterstudiengang Kriminalistik an der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg absolviert hat, war ich von der Synthese des vermittelten theoretischen Grundlagenwissens, über die praktische Umsetzung in den Workshops bis zum Ausblick in die Zukunft und dem Transfer in die polizeiliche Praxis sehr angetan. Gelegentliche Kontroversen und vermeintliche Unvereinbarkeiten zwischen wissenschaftlicher Theorie und kriminalpolizeilicher Praxis belebten die Veranstaltung sichtlich. Das zeigte aber auch auf, mit wie viel Engagement und Leidenschaft die angereisten Teilnehmer bei der Sache waren. Auch die bundesweite Resonanz auf die Veranstaltung hat mich beeindruckt. Es gab viele gute Gespräche am Rand der Veranstaltung mit den bundesweit angereisten Kollegen, welche beim Abendprogramm fortgesetzt und intensiviert werden konnten. Ein großes Lob und Dank an das Planungs- und Organisationsteam, welche diese bemerkenswerte Fachtagung ermöglicht hat. Ich wünsche mir mehr davon.“
EKHK Thomas Kasbaum (Polizeiakademie, Fachbereich 3 Kriminalistik, Polizei Berlin)
„Im Nachgang zu Ihrer sehr gelungenen Fachtagung, möchte ich mich nochmals bedanken, dass ich teilnehmen durfte. Um das Thema Vernehmung in der Aus- und Fortbildung anzupacken, werde ich mich morgen zunächst mit meiner Fachbereichsleitung zusammensetzen. Mein Ziel ist es, die eine oder andere geäußerte Vision mit Leben zu erfüllen bzw. bereits bestehende Aus- und Fortbildungsformate anderer Bundesländer auf eine Übernahme nach Berlin zu prüfen.“
Prof. Dr. Bernd Körber (Polizeiakademie Polizei Niedersachsen, Studiengebiet Sozialwissenschaften und Führung):
„Nach der erfolgreichen internationalen Tagung zum Thema Vernehmung in 2024 nun also „Erfolgreich Vernehmen“ als logische Konsequenz dessen, was gewünscht und gefordert war - die Brücke von der wissenschaftstheoretischen Betrachtung von Vernehmungsarbeit zur polizeipraktischen Anwendung in ihren vielen Facetten. Dies ist mit der Veranstaltung vollkommen gelungen, denn es wurde nicht nur die „eine" Brücke angeboten. Jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer durften sich über das breite Portfolio an Vorträgen und die Vielzahl an Workshops seine persönliche Brücke zur Untersuchenden Vernehmung selbst bauen. Damit wurden WissenschaftlerInnen und PolizeipraktikerInnen gleichermaßen und auf Augenhöhe miteinander angesprochen, wie auch die intensiven Diskurse in den Pausen und nach den Veranstaltungstagen belegten. So bin ich auch sicher, dass die Frage nach zukünftigem Netzwerkeln ein Selbstläufer sein kann. Danke euch!“
KD Patrick Niegisch (Leitung Kriminalinspektion Wittlich, Polizeipräsidium Trier, Polizei Rheinland-Pfalz)
„Die Tagung bot eine wertvolle Plattform für den interdisziplinären Austausch zwischen Polizeipraktiker*innen und Wissenschaftler*innen. Fachvorträge und praxisnahe Workshops ermöglichten einen vertieften Einblick in aktuelle Herausforderungen und Entwicklungen der polizeilichen Vernehmung. Besonders gewinnbringend war das kollegiale Netzwerk das Raum für fachlichen Diskussion und neue Impulse schuf.“
EKHK’in Benita Stimming (Polizeidirektion West, Kriminalpolizei in der Direktion, Dezernat 1, Kommissariatsleiterin Besondere Ermittlung, Cybercrime/ Sexualisierte Gewalt gegen Kinder, Polizei Brandenburg)
„Die Fachtagung "Erfolgreich Vernehmen" war sehr informativ. Sie gewährte aufgrund des gewählten Formats und den ausgewählten Referenten wertvolle Einblicke in Wissenschaft und Praxis rund um das Thema Vernehmung. Insgesamt eine gelungene Veranstaltung, die sicherlich einen positiven Beitrag zur Professionalisierung leistet.“
Prof. Dr. Markus M. Thielgen (Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen, Fachbereich Polizei)
„Dem Tagungsteam ist es hervorragend gelungen, Wissenschaft und Polizeipraxis zusammenzubringen. Es hat sicher bei den Teilnehmenden das gemeinsame Verständnis geschärft, wie erfolgreiche Vernehmungen in der Polizei aussehen sollten. Ein großes Kompliment auch an die professionelle Organisation. Eine rundum gelungene Veranstaltung!“
KHK Jan Merkel (Landeskriminalamt Berlin, LKA 111 - Mordkommission)
„Die Tagung war eine sehr spannende und weiterbildende Zusammenkunft von Wissenschaft, Forschung und Praxis.“
Dipl.-Psych. Armin Müller (Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg, Lehre und Forschung)
„Der oftmals schwierige Spagat zwischen wissenschaftlich orientiertem und praxisorientiertem Publikum in der Polizei ist hervorragend gelungen.“