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Emotionalen Stress in Pflege und Weiterbildung senken

Immer mehr Druck und immer weniger Solidarität? Die HWR Berlin erforscht Wege, um die emotionalen Belastungen in der stationären Pflege und beruflichen Weiterbildung nachhaltig zu verringern.

29.04.2020

Hände aus der Nähe: Ein Mann greift sich mit der linken Hand ans rechte Handgelenk. Foto: © LaylaBird/Getty Images/iStockphoto
Solidarisieren oder entsolidarisieren sich die Beschäftigten, wenn sie am Arbeitsplatz zunehmend unter Druck gesetzt werden? Foto: © LaylaBird/Getty Images/iStockphoto

Das Projekt »Emotionsregimes und Solidarität in der Interaktionsarbeit« untersucht fallstudienbasiert in Organisationen der Pflege und der Weiterbildungsbranche das Verhältnis von emotionalem Druck und Solidaritätshaltungen, mit einem Fokus auf organisationsin- und extern generierte objektive Unsicherheiten sowie ihre subjektive Verarbeitung bei Beschäftigten, auch im Rahmen der Interaktion mit Nutzergruppen.

Bauen Arbeitgeber emotionalen Druck auf?

Das Forschungsvorhaben adressiert Dynamiken der zeitgenössischen Arbeitsgesellschaft wie zum Beispiel Prekarisierung, Ökonomisierung, „gute Arbeit“ einerseits und Debatten um einen schwindenden sozialen Zusammenhalt andererseits. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass Arbeitsorganisationen gesellschaftliche Orte sind, an denen heute verstärkt emotionaler Druck ausagiert werden muss – besonders dort, wo es um wohlfahrtsstaatlich regulierte personenbezogene Dienste geht.

Ein hoher Wettbewerbs- und Qualitäts(bewertungs)druck sowie neue Formen managerieller Steuerung stiften objektiv Unsicherheit; deren subjektive Verarbeitung ist spannungsgeladen (zum Beispiel Burnout bei Beschäftigten, Misstrauen bei Klientinnen und Klienten) und verweist auf die Ausbildung eines neues „Emotionsregimes“ in den entsprechenden Arbeitskontexten. Beobachtet werden zugleich die Zunahme von Angst- und/oder Frustrationsgefühlen in Teilen der Bevölkerung sowie Dynamiken der Ent- und Resolidarisierung. Hier bestehen mögliche Zusammenhänge.

Wie lassen sich emotionale Belastungen am Arbeitsplatz verringern?

Eine Grundannahme besteht darin, dass in den zwei Untersuchungsfeldern in den Beziehungen zwischen Organisation und Umwelt sowie im Verhältnis zwischen Management und Beschäftigten produzierte Unsicherheiten emotionalen Druck auslösen. Gefragt wird danach, inwiefern diese Unsicherheiten und ihre subjektive Verarbeitung in ein neues Emotionsregime führen und wie dieses mit Solidaritätshaltungen zusammenhängt, die Beschäftigte im Hinblick auf Nutzerinnen, Nutzer, Kolleginnen, Kollegen und das Gemeinwesen allgemein entwickeln.

Angenommen wird, dass Angst- und/oder Frustrationsgefühle die genannten Arbeitskontexte durchdringen und das Denken über Solidarität beziehungsweise solidarische Praxis (unterschiedlich) beeinflussen können. Angestrebt werden zudem Erkenntnisgewinne zu Möglichkeiten, emotionale Belastungen am Arbeitsplatz zu verringern.

Fallstudien aus zwei Großstädten als Grundlage

Den Kern des qualitativ ausgerichteten Projekts bilden Organisations­fallstudien in den Zukunftsfeldern stationäre Pflege und (öffentlich geförderte) berufliche Weiterbildung. Durchgeführt werden embedded case studies mit insgesamt vier Organisationen in zwei Großstädten.

Gearbeitet wird mit jeweils drei Datenquellen (Dokumente, halbstrukturierte Interviews, Fokusgruppen), die ergänzt werden durch Gespräche mit Expertinnen uind Experten aus überbetrieblichen Arbeitszusammenhängen. Die Auswertungen sind hermeneutisch orientiert, mit Blick auf Potenziale für eine theoretische Generalisierung der Befunde.

Projektpersonal der HWR Berlin:

Projektlaufzeit:

01. April 2020 bis 31. März 2022

Kooperationspartner:


Gefördert durch das Programm »Wohlfahrtsstaat« der Hans-Böckler-Stiftung

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