Neuigkeit | Semestereröffnung

Ziviler Ungehorsam in der Klimakrise

Mit einer Podiumsdiskussion zur Klimabewegung und den Protesten der Letzten Generation hat die HWR Berlin am 19. April 2023 das Sommersemester 2023 eröffnet.

25.04.2023

Eröffnung des Sommersemesters 2023 an der HWR Berlin, Foto: Lukas Schramm

Traditionell begrüßte Prof. Dr. Andreas Zaby, Präsident der HWR Berlin, die neuen Erstsemester-Studierenden an der HWR Berlin und wünschte allen Studierenden und weiteren Hochschulmitgliedern ein inspirierendes und erfolgreiches Semester. Sein herzliches Willkommen ging auch an die internationalen Studierenden und Gaststudierenden, insbesondere an alle Studierenden mit Fluchterfahrung.

Transformationskonflikte und ziviler Ungehorsam in der Klimakrise

Anschließend diskutierten auf dem Podium zum Thema „Transformationskonflikte und ziviler Ungehorsam in der Klimakrise“:

  • Carla Rochel, die Sprecherin der Gruppe Letzte Generation. Ihr Standpunkt: Deutschland befindet sich auf katastrophalen Kurs. Die Bundesregierung macht ihren Job nicht, handelt zu wenig und zu langsam. Fridays for Future wurde ignoriert. Pappschilder sind der Krise nicht mehr angemessen, es sei an der Zeit, entschieden zivilen Widerstand zu leisten.
  • Julia Kaiser, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie, Friedrich-Schiller-Universität Jena. Sie betonte die Notwendigkeit, soziale und ökologische Komponente miteinander zu verbinden. Man müsse beides zusammen denken.
  • Dieter Rucht, Professor für Soziologie am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Sein Fokus: die Definition von zivilem Ungehorsam – nämlich der gewaltfreie Bruch von Regeln und Gesetzen. Die Letzte Generation habe die Gründe ihres Handels offengelegt und trete nicht anonym auf. Ob moderatere Mittel erfolglos ausgeschöpft worden sind, bezweifelt er allerdings. Insbesondere die Forderung nach einem Gesellschaftsrat „als Zufallsorgan anstelle von Parlament und Regierung“ sei wenig überzeugend.
  • Clemens Arzt, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der HWR Berlin. Er verwies, unterlegt von der laufenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, auf die Schutzpflicht des Staates vor den Folgen des Klimawandels und auf das Grundrecht zu protestieren. Auch wenn es für andere, wie aktuell Autofahrer*innen, unbequem sei.

Moderiert wurde die Runde durch Markus Wissen, Professor für Gesellschaftswissenschaften mit dem Schwerpunkt sozial-ökologische Transformationsprozesse an der HWR Berlin.

Die Diskussion der Podiumsgäste und des Publikums war in großen Teilen geprägt von Konsens: Alle waren sich einig, dass es dringend an der Zeit sei zu handeln.

»Was ist, wenn keine Mehrheit für konsequenten Klimaschutz da ist?«

Auf die Frage „Was ist, wenn keine Mehrheit für konsequenten Klimaschutz da ist?“, antwortete Carla Rochel: „Mehrheiten sind da, solange es nicht zu konkret wird. Dann schrecken viele Leute zurück. Fehlkommunikation. Weil viele denken, wir müssten viel verzichten. Das stimmt aber nicht. Es sind die Reichen und Superreichen, die verzichten werden müssen.“

Prof. Dieter Rucht argumentierte: „Mehrheiten dauern einerseits. Andererseits wir haben jetzt keine Zeit. Damit müssen wir umgehen. Aber das rechtfertigt nicht alles.“

»Werden Sie noch radikaler?«

Auf die Frage „Werden Sie noch radikaler“ entgegnete Carla Rochel: „Eigentlich werden wir vor allem immer mehr – und das ist der Schlüssel zum Erfolg, dass wir immer mehr Menschen werden, die auf die Straße gehen und nicht mehr ignoriert werden. Je mehr wir werden, desto weniger können wir ignoriert werden.“ Ziel der Letzten Generation sei es, die Klimabewegung zu verbreitern und soziale Anliegen mit ökologischen zu verbinden. Es brauche jetzt vor allem die Vision, dass das Leben erträglicher wird, nicht schlechter.

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