Neuigkeit | Erasmus+ Projekt

Nachhaltige Lehrformate in der Praxis

Wie gelingt es, Studierende in Lehrveranstaltungen so für das Thema Nachhaltigkeit zu sensibilisieren, dass sie diesen Aspekt in ihre späteren beruflichen Entscheidungen maßgeblich einbeziehen?

16.03.2021

Lehrsaal: Ein Mann steht vorne am Pult, vor im sitzen Studierende.
Berlin International Week 2020 am Campus Lichtenberg der HWR Berlin. Foto: Oana Popa-Costea

Diese Frage stellte sich ein internationales Forschungsteam aus sechs Hochschulen. Seit September 2019 leitet Prof. Dr. Silke Bustamante vom Fachbereich Duales Studium der HWR Berlin das Erasmus+ Projekt EFFORT. Das Ziel: acht zusammenhängende Instrumente zu entwickeln, die Hochschulen darin unterstützen, die Effektivität und Qualität ihrer nachhaltigkeitsbezogenen Lehre zu steigern.

Zwar integrieren immer mehr Hochschulen Lehrveranstaltungen zu Ethik, Nachhaltigkeit, Unternehmensverantwortung oder Sustainable Innovation in ihre Curricula. Doch ist die Wirkung dieser Veranstaltungen auf Wissen, Kompetenzen, Werte, Einstellungen und schließlich spätere unternehmerische Entscheidungen bisher wenig erforscht.

Zusammen mit fünf weiteren Hochschulen und Universtäten aus Deutschland, Spanien, Italien, Ungarn und Finnland analysiert die HWR Berlin diese Wirkungen und leitet daraus innovative Lehrkonzepte ab, die einen positiven Einfluss auf das Verhalten von Studierenden in ihrer späteren Rolle als Manager/innen versprechen.

In dem folgenden Interview berichtet Prof. Dr. Silke Bustamante über eine Lehrveranstaltung des Studiengangs BWL/Dienstleistungsmanagement, die im Rahmen des Projekts entwickelt und hinsichtlich ihrer Effektivität getestet wurde.

Welche Schlüsselkompetenzen haben die Studierenden in der Lehrveranstaltung »Verantwortung für Nachhaltigkeit« erworben und anschließend im Projekt angewendet?

Vorab ist es wichtig zu wissen, dass die Veranstaltung »Verantwortung für Nachhaltigkeit« bei uns mit der Veranstaltung »Service Design« im Rahmen eines Teamteachings (Prof. Dr. Afflerbach und Prof. Dr. Bustamante) zusammengeführt wurde, so dass sich meine Aussagen immer auf die gemeinsame Veranstaltung beziehen. Die UNESCO hat 2017 acht Schlüsselkompetenzen identifiziert, die im Rahmen von Bildung für Nachhaltigkeit relevant sind, darunter z. B. Systemdenken, Eigenwahrnehmung und normative Kompetenzen, strategische Kompetenzen und Problemlösungskompetenzen. Die Veranstaltung ist so konzipiert, dass alle Kompetenzen adressiert werden. Wesentliches Ziel ist aber die Erhöhung der Wahrnehmung für die heutigen und zukünftigen Nachhaltigkeitsherausforderungen, die Schaffung eines Gefühls der eigenen Verantwortung in der Rolle als Individuum, Bürger/in und Mitarbeiter/in sowie die Förderung der Problemlösungskompetenz, um die Studierenden in die Lage zu versetzen (»empowern«), zukünftig und selbstgesteuert die nachhaltigkeitsbezogenen Herausforderungen lösen zu können. Die Problemlösekompetenz wird durch die Arbeit an Projekten im Nachhaltigkeitskontext mittels der Service-Design-Methode gestärkt. Diese Methode ermöglicht den Studierenden, in Kleingruppen nutzerzentrierte Innovationen zu entwickeln und ist gerade für die Lösung von komplexen Problem-/Fragestellungen wie aus dem Bereich der Nachhaltigkeit, welche durch ihre Komplexität und Ambiguität charakterisiert sind (Stichwort »wicked problems«), sehr gut geeignet.

Das Besondere an dem im Rahmen des Erasmus + Bildungs- und Forschungsprojektes EFFORT entwickelten Lehrkonzept ist, dass die Studierenden ...

konsequent zum Reflektieren des Erlernten und ihrer eigenen Erfahrungen aufgefordert werden sowie die Möglichkeit haben, das Erlernte unmittelbar in die Entwicklung von nutzerzentrierten Innovationen für die von Unternehmen und NGOs (Projektpartner) eingebrachten »echten« nachhaltigkeitsbezogenen Problem-/Fragestellungen – sogenannten Design Challenges – einzubringen und dadurch auch kontextspezifische Lösungen entwickeln zu können. Darüber hinaus erproben wir Instrumente wie Peer Evaluations und beteiligen die Studierenden bei der Evaluation von Aufgaben und Tasks Ihrer Kommilitonen sowie des gesamten Moduls.
 

Die Evaluation der Lehrveranstaltung mit dem eigens dafür entwickelten Controlling-Tool belegt…

die Effektivität der Lehrveranstaltung auf mehreren Ebenen. Besonders wichtig ist, dass Studierende nach Abschluss der Lehrveranstaltung eher bereit waren, sich in ausgewählten Management-Szenarien – notfalls auch zu Lasten des Gewinns – für nachhaltige Lösungen zu entscheiden. Darüber hinaus hat sich – im Durchschnitt – sowohl das Bewusstsein für nachhaltigkeitsrelevante Managementthemen als auch das lösungsspezifische Wissen im Laufe der Veranstaltung deutlich erhöht. Interessant ist, dass die Wirkung des Moduls bei Studierenden, die die Lehrenden als Vorbilder empfinden, besonders stark ausgeprägt ist.

Die internationale Zusammenarbeit der sechs am EFFORT beteiligten Hochschulen ist von besonderer Bedeutung, weil ...

kulturelle und globale Aspekte der Nachhaltigkeit und des Nachhaltigkeitslernens besser berücksichtigt werden. Wir haben beispielsweise die Möglichkeit, unsere Module an Hochschulen in Italien, Spanien, Finnland oder Ungarn zu testen. Durch das große Netzwerk der beteiligten Hochschulen konnten wir uns Feedback von Expert/innen weltweit einholen und werden nun die Effektivität unterschiedlichster Veranstaltungen im Bereich Nachhaltigkeit in verschiedenen Ländern differenziert testen können.

Nachhaltigkeit und die damit verbundene Verantwortung sind für mich persönlich ...

eine Herzensangelegenheit, einige der Themen begleiten mich seit meiner Jugend. Mir geht es darum, junge Menschen zu sensibilisieren, zu begeistern und mit den entsprechenden Kompetenzen auszustatten, um die drängenden Herausforderungen unserer Zeit zu lösen.

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