Campus Schöneberg: Haus B, Badensche Straße 50-51

Das heutige Haus B der HWR Berlin wurde 1939 erbaut. Ab 1940 war hier die Abteilung Kriegsgefangenenwesen des Oberkommandos der Wehrmacht untergebracht. Seit 1952 wurde das Gebäude von verschiedenen Hochschulen genutzt.

Ebenso wie das benachbarte Haus A wurde Haus B im Jahr 1939 gebaut. Seine Entstehung verdankt es vergleichbaren Umständen. Auch die Wirtschaftsgruppe Einzelhandel bekam in Berlin-Schöneberg einen Ersatzbau für ihr bisheriges Domizil in der Nähe des Brandenburger Tores. Als Teil der Reichsgruppe Handel löste der gleichgeschaltete Wirtschaftsverband die frühere Hauptgemeinschaft des deutschen Einzelhandels ab und war für mittelständische Einzelhändler ebenso wie für große Warenhäuser zuständig.

1940 zieht das Oberkommando der Wehrmacht mit ein

Die Wirtschaftsgruppe setzte sich für Modernisierungen ein − etwa beim Kontenrahmen oder bei der Werbung. Zugleich betrieb sie massiv antisemitische Propaganda. Ungewollt musste sie das Gebäude ab 1940 mit einer anderen Institution teilen: der Abteilung Kriegsgefangenenwesen des Oberkommandos der Wehrmacht. Diese erarbeitete Regelungen für Kriegsgefangenen-Lager, nach denen die Gefangenen vor Ort behandelt werden sollten. Entsprechend der rassistischen Vorstellungen des Regimes gab es dabei je nach Nationalität tiefgreifende Unterschiede.

Das Gebäude Badensche Straße 50-51 im Jahr 1943
1943: Das Gebäude Badensche Straße 50-51 in der NS-Zeit; Foto: Hermann Seeger
Das Gebäude Badensche Straße 50-51 im Jahr 1946
1946: Nach Kriegsende war die Badensche Straße 50-51 eine Ruine; Foto: Museen Tempelhof-Schöneberg/Archiv, Herwarth Staudt

1951 Wiederaufbau für die Deutsche Hochschule für Politik

Gegen Kriegsende wurde der Bau ausgebombt. Mit dem Untergang des Dritten Reichs war auch das Ende der beiden Institutionen besiegelt. Zunächst sollte in der Ruine eine Werkstatt für Autoreparaturen entstehen. 1951 entschloss man sich jedoch zum Wiederaufbau des früheren Gebäudes, in dem nun die Deutsche Hochschule für Politik ihren Lehrbetrieb aufnahm – eine Institution, die bereits in den 1920er Jahren unter Theodor Heuss existiert hatte und nun von Otto Suhr wiedergegründet wurde. Im Jahr 1959 wurde die Hochschule als Otto-Suhr-Institut in die Freie Universität Berlin eingegliedert und zog nach Dahlem.

Das wiederaufgebaute Gebäude zu Beginn der 1950er Jahre; Foto: Museen Tempelhof-Schöneberg/Archiv

1971 entsteht die Fachhochschule für Wirtschaft

Danach wurden die Räume durch das Hochschulinstitut für Wirtschaftskunde und die Höhere Wirtschaftsfachschule genutzt, die ab 1965 in der Wirtschaftsakademie aufgingen. Seither stand bei allen Ausbildungsangeboten eine praxisorientierte Betriebswirtschaftslehre im Mittelpunkt, wobei sowohl ein Tages- als auch ein Abendstudium angeboten wurden. Diese Einrichtung fand ihre Fortsetzung und Erweiterung in der 1971 gegründeten Fachhochschule für Wirtschaft, einer interdisziplinären Reformhochschule, in der neue Vermittlungsformen für das Studium der Wirtschaftswissenschaften erprobt werden sollten.

Seit 2009 Standort der HWR Berlin

Auch das Berlin-Kolleg, eine Einrichtung des Zweiten Bildungswegs, nutzte seit Anfang der 1960er Jahre Teile des Gebäudes. 2009 schloss sich die Fachhochschule für Wirtschaft mit der in Berlin-Lichtenberg ansässigen Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege zur „Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin“ zusammen. Die Berufsakademie wurde ebenfalls integriert. Das Gebäude ist seither Hauptsitz für den Fachbereich 1 und bildet einen von mehreren Standorten der Hochschule. 

Mehr zur Geschichte des Gebäudes Badensche Straße 50-51:

Dorothea Schmidt
Zeitgeschichte im Mikrokosmos – Ein Gebäude in Berlin-Schöneberg
Edition Sigma, Berlin
2004, 239 Seiten, broschiert
ISBN 978-3-8940-4793-1