Neuigkeit | Auszeichnung

Politeia-Preis 2024

Am 25. Juni 2025 werden der POLITEIA-Preis und drei Medaillen der HWR Berlin für studentische Arbeiten aus dem Themenfeld der Frauen- und Geschlechterforschung vergeben.

19.06.2025

Bunter Blumenstrauß
Foto: Heidi Scherm

Auswirkungen der geschlechtsspezifischen Datenlücke bei der Entwicklung von Herz-Kreislauf-Medikamenten; institutionelle Vertrauenswürdigkeit und mögliche Beeinflussung durch die Förderung der Geschlechtergleichstellung; Gendergerechte Sprache in der Verwaltungspraxis und Vergewaltigungsmythen unter Polizeianwärter*innen. 

Diese sehr aktuellen Themen wurden durch exzellente Abschlussarbeiten erarbeitet und werden am 25. Juni 2025 ausgezeichnet. Die Erste Vizepräsidentin der HWR Berlin, Frau Dr. Professorin Schönrock, für Lehre und Studium übergibt den POLITEIA Preis und die POLITEIA Medaillen in einer öffentlichen Veranstaltung: Gäste sind in der Aula in Schönberg ab 16:00 Uhr oder bereits zum Beginn des Forschungs- und Transferforums ab 14:00 Uhr herzlich willkommen!

POLITEIA-Preis 2024: Auszeichnung für Emilia Schäfer

Mit ihrer Masterarbeit „Bridging the Gender Data Gap in Cardiovascular Drug Development – Challenges and Solutions to Overcome the Androcentric Bias“ aus dem Studiengang Internationales Management am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften widmet sich Emilia Schäfer einem sehr wichtigen Thema. Die Absolventin des Masterstudienganges wurde von Professorin Dr. Andrea Rumler und Professorin Dr. Claudia Gather betreut. 

Sie beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit der Frage, wie die geschlechtsspezifische Datenlücke bei der Entwicklung von Herz-Kreislauf-Medikamenten überwunden werden kann, und liefert dafür zahlreiche Ansatzmöglichkeiten.

Die Jury würdigt ihre herausragende Arbeit mit dem mit 1.000 € dotierten POLITEIA-Preis.

Wie sind Sie auf das Thema für Ihre Arbeit aufmerksam geworden?

Tatsächlich weiß ich das noch ganz genau: Ich hatte das Buch Invisible Women: Exposing Data Bias in a World Designed for Men von Caroline Criado-Perez gelesen, und das Thema hat mich sofort fasziniert. Davor hatte ich noch nie etwas vom Gender Data Gap gehört, was erstaunlich ist, wenn man bedenkt, dass dieses Phänomen Auswirkungen auf nahezu alle Lebensbereiche hat. Da es jedoch insbesondere im Gesundheitswesen zu gravierenden Konsequenzen führen kann, habe ich mich entschieden, diesen Aspekt genauer zu untersuchen.

Weshalb ist dieses Thema relevant?

Kardiovaskuläre Erkrankungen sind die weltweit häufigste Todesursache bei Frauen. Dennoch bestehen erhebliche Wissenslücken in der Wissenschaft, insbesondere im Hinblick auf geschlechtsspezifische Unterschiede. Da klinische Studien häufig überwiegend mit männlichen Probanden durchgeführt werden oder die Daten trotz Einbeziehung von Frauen nicht geschlechtersensibel ausgewertet werden, entstehen fehlerhafte Generalisierungen, etwa bei Symptomen oder Medikamentendosierungen. Nur durch die Reduzierung des Gender Data Gaps können geschlechterspezifisch angepasste Behandlungsansätze für Frauen entwickelt werden. An dieser Stelle sei auch betont, dass nicht nur Frauen, sondern ebenso andere Gruppen, wie z.B. Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft oder nicht-binäre Personen, weiterhin stark unterrepräsentiert sind.

Was ist die Kernaussage, das zentrale Ergebnis Ihrer Arbeit oder auch was hat Sie vielleicht besonders überrascht bei Ihrer Recherche?

Durch die Zusammenführung der Ergebnisse aus der Literaturrecherche und den Expert*innen-Interviews in einer strategischen Matrix konnte ich 23 strategische Impulse identifizieren, die potenzielle Lösungsansätze zur Schließung des Gender Data Gaps darstellen. Dazu zählen beispielsweise eine intensivere Zusammenarbeit zwischen der pharmazeutischen Industrie und medizinischen Stakeholdern sowie strengere Vorgaben zur geschlechtsspezifischen Datenanalyse. Diese strategischen Ansätze habe ich anschließend den verschiedenen Phasen der Medikamentenentwicklung zugeordnet, wobei sich die Premarket Phase als besonders vielversprechend herausstellte, da in dieser Phase unter anderem die Studien durchgeführt werden. Viele der Strategien erwiesen sich jedoch als phasenübergreifend relevant.

Besonders überrascht hat mich bei der Recherche, dass sich ein Großteil der bestehenden Literatur vor allem darauf konzentriert, die Existenz des Gender Data Gaps und dessen Tragweite zu dokumentieren, statt konkrete Lösungsvorschläge zu entwickeln. Die vorhandenen Empfehlungen sind meist explorativer Natur, was den hohen Bedarf an weiterer Forschung in diesem Bereich unterstreicht. Ziel meiner Arbeit war es daher, gezielt praxisnahe Lösungsansätze zu entwickeln, die insbesondere für die Industrie relevant sind. Zudem behandeln die meisten Quellen zu diesem Thema die Problematik aus einer rein medizinischen Perspektive. Dahingegen kombiniert die Arbeit diese Perspektive mit den wirtschaftlichen Aspekten, die für die Pharmaindustrie relevant sind. Als zentrale Marktakteurehaben pharmazeutische Unternehmen die Macht, bedeutende Veränderungen voranzutreiben.

Was bedeutet Ihnen der Gewinn des POLITEIA-Preises?

Ich fühle mich sehr geehrt, den POLITEIA-Preis entgegennehmen zu dürfen, und bedanke mich bei allen, die mich auf diesem Weg unterstützt haben. Ich freue mich, durch den Erhalt des Preises die Möglichkeit zu bekommen, etwas mehr Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu lenken, da es besonders in wirtschaftlichen Kreisen eher weniger bekannt ist. Zum Schluss möchte ich andere Studierende dazu motivieren, in ihren wissenschaftlichen Arbeiten Genderthemen zu erforschen, weil es da einfach noch so viel zu entdecken bzw. aufzudecken gibt.

POLITEIA-Medaille für Anna Kaserer

Anna Kaserer bewarb sich mit ihrer Masterarbeit zum Thema „The Effect of Promoting Gender Equality on Institutional Trustworthiness“ aus dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und der Betreuung durch Frau Professorin Dr. Monika Huesmann und Professorin Dr. Christine Gockel.

Ihre Untersuchung aus dem Studiengang International Business and Consulting: Human Resource Management überzeugte die Gutachterinnen.

Sie erhält eine mit 400 € dotierte POLITEIA-Medaille für ihre Fragestellung im Bereich auf die institutionelle Vertrauenswürdigkeit und deren mögliche Beeinflussung durch die Förderung der Geschlechtergleichstellung.

Wie sind Sie auf das Thema für Ihre Arbeit aufmerksam geworden?

Die Frage nach echter Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern begleitet mich schon lange – sowohl persönlich als auch akademisch. Im Rahmen meines Studiums bin ich auf das Thema Vertrauensforschung gestoßen. Dabei hat mich besonders interessiert, wie stark Vertrauen das Arbeitsumfeld, die Motivation und die Mitarbeitendenbindung beeinflusst. Ich wollte untersuchen, wie Maßnahmen zur Förderung von Gleichstellung – insbesondere Affirmative Action – das Vertrauen von Beschäftigten beeinflussen und ob es dabei Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt.

Weshalb ist dieses Thema relevant?

Gleichstellung ist ein gesellschaftlich hoch aktuelles und zugleich sehr umstrittenes Thema. Ich nehme wahr, dass gerade Maßnahmen wie Affirmative Action zunehmend polarisieren – sie werden von manchen als notwendig und gerecht, von anderen jedoch als nicht notwendig oder gar benachteiligend empfunden. Diese Spannungen spiegeln sich auch in Unternehmen wider. Viele haben in den letzten Jahren gezielte Maßnahmen zur Frauenförderung eingeführt – doch gerade vor dem Hintergrund, dass einige Organisationen aktuell beginnen, solche Maßnahmen wieder zurückzunehmen, ist es umso wichtiger, fundiert aufzuzeigen, welche positiven Wirkungen sie tatsächlich entfalten können. Denn es geht nicht allein um Quoten oder formale Vorgaben – es geht darum, bestehende strukturelle Ungleichheiten sichtbar zu machen und zu einer echten Chancengleichheit beizutragen, von der letztlich alle profitieren.

Was ist die Kernaussage, das zentrale Ergebnis Ihrer Arbeit oder auch was hat Sie vielleicht besonders überrascht bei Ihrer Recherche?  

Meine Untersuchung hat gezeigt, dass Frauen Unternehmen deutlich mehr Vertrauen entgegenbringen, wenn diese aktiv Maßnahmen zur Gleichstellung umsetzen – und zwar in den Bereichen Integrität, Wohlwollen und Kompetenz. Dieses gestärkte Vertrauen kann sie im Berufsleben stärken und unterstützt sie in unterschiedlichen Lebenssituationen. Auch bei Männern zeigte sich ein grundsätzlich positiver Zusammenhang zwischen Gleichstellungsmaßnahmen und Vertrauen – allerdings deutlich schwächer. Besonders interessant war, dass bei der Einführung von Affirmative Action die wahrgenommene Kompetenz des Unternehmens aus männlicher Sicht signifikant sank. Das unterstreicht, wie sensibel das Thema weiterhin ist und wie stark Gleichstellungsmaßnahmen mit Unsicherheiten und Missverständnissen verknüpft sein können. Umso wichtiger ist es, diese Wahrnehmungen wissenschaftlich zu beleuchten und in den öffentlichen Diskurs zu bringen. Denn langfristig profitieren alle – unabhängig vom Geschlecht – von einer Arbeitswelt, die strukturelle Ungleichheiten abbaut und echte Chancengleichheit schafft.

Was bedeutet Ihnen der Gewinn der POLITEIA-Medaille?

Sie ist eine große Anerkennung für meine Arbeit und ein starkes Zeichen dafür, dass gesellschaftlich relevante Themen wie Gleichstellung, Vertrauen und soziale Gerechtigkeit auch im Hochschulkontext Gehör finden. Ich schätze es sehr, dass die HWR Berlin solchen Arbeiten Raum gibt und sie sichtbar macht. Gerade in einer Zeit, in der demokratische Grundwerte vermehrt in Frage gestellt werden, ist es ermutigend, auf diese Weise gestärkt zu werden. Die Auszeichnung mit einer POLITEIA-Medaille motiviert mich, mich weiterhin wissenschaftlich sowie gesellschaftlich für Chancengleichheit und soziale Teilhabe einzusetzen.

POLITEIA-Medaille für Judith Kraatz

Judith Kraatz, Absolventin des Studiengangs Master of Public Administration (MPA) an der Berlin Professional School betreut von Frau Dr. Faye Barth-Farkas und Dr. Britt Ziolkowski, forschte zum Thema „Sprache MACHT Geschlecht: Zur Frage der Gleichheit in der (Verwaltungs-) Sprache“.

Wie sind Sie auf das Thema für Ihre Arbeit aufmerksam geworden?

Die Idee, meine Masterarbeit über das Thema gendergerechte Sprache in der Verwaltung zu schreiben, kam mir 2023, als Berlins Regierender Bürgermeister Wegner sich gegen das „Gendern“ in der Verwaltung aussprach. Das Thema gendergerechte Sprache rückte in dieser Zeit immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Mir wurde zu dieser Zeit erst richtig bewusst, wie wichtig die breite Diskussion und eine sachgerechte Aufklärung diesbezüglich ist. 

Weshalb ist dieses Thema relevant? 

Gendergerechte Sprache in der deutschen Verwaltung ist wichtig, weil sie zur Gleichstellung aller Geschlechter beiträgt und alle Menschen gleichermaßen anspricht. Sprache beeinflusst unser Denken und Handeln – sie kann daher ein wirksames Instrument zur Förderung von Chancengleichheit sein. Die Einführung gendergerechter Sprache hat das Potenzial, traditionelle Geschlechterrollen in der Verwaltung und der Gesellschaft zu hinterfragen und zu verändern. Damit unterstützt sie nicht nur rechtliche Vorgaben, sondern trägt auch zu einer modernen und inklusiven Verwaltungskultur bei.

Solange unsere Sprache nicht gendergerecht ist, wird das Thema Relevanz haben. 

Was ist die Kernaussage, das zentrale Ergebnis Ihrer Arbeit oder auch was hat Sie vielleicht besonders überrascht bei Ihrer Recherche?

Meine Arbeit zeigt auf, dass Sprache unser Denken und Handeln beeinflussen kann. Dadurch wird deutlich, dass es eben doch eine Rolle spielt, ob wir geschlechtergerechte Sprache verwenden oder nicht. In diesem Zusammenhang haben mich tatsächlich die Ergebnisse psychologischer Studien erstaunt, die dies aufzeigen. Menschen fassen das generische Maskulinum eben nicht als "rein generisch" auf, sondern verknüpfen mit den maskulinen Begriffen Arzt, Anwalt, etc. das biologische Geschlecht und haben entsprechend Männer vor ihrem inneren Auge.

Daneben konnte ich durch meine Arbeit - entgegen meiner Annahme - herausarbeiten, dass das subjektive Machtempfinden einer Person die Verwendung geschlechtergerechter Sprache reduziert.

Was bedeutet Ihnen der Gewinn der POLITEIA-Medaille?

Ich fühle mich durch die Auszeichnung sehr geehrt und freue mich, dass das Thema der gendergerechten Sprache nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in der Praxis an Bedeutung gewinnt. Der Preis bestärkt mich darin, dass meine Arbeit einen Beitrag zur Förderung von Chancengleichheit und Inklusion in der Verwaltung leisten kann, einem aus meiner Sicht gesellschaftlich hoch relevanten Thema.

POLITEIA-Medaille für Antonia 

Die erfolgreiche Absolventin des Bachelorstudiengangs Gehobener Polizeivollzugsdienst des Fachbereichs Polizei und Sicherheitsmanagement überzeugte mit dem Thema ihrer Abschlussarbeit „Vergewaltigungsmythen unter PolizeianwärterInnen“ ihrer Bachelorarbeit. Sie arbeitet bereits in ihrem Beruf und wurde bei dieser empirisch angelegten Arbeit von den Psychologinnen Henriette Binder und Diana Schühner betreut. 

Wie sind Sie auf das Thema für Ihre Arbeit aufmerksam geworden? 

Im Rahmen eines meiner Praktika war ich beim Landeskriminalamt mit der Bearbeitung von Sexualdelikten zum Nachteil Erwachsener betraut. Dabei kam ich erstmals unmittelbar mit dem Delikt der Vergewaltigung sowie den betroffenen Geschädigten in Kontakt und erhielt Einblick in die Herangehensweise meiner Kolleginnen und Kollegen. Zu diesem Zeitpunkt war mir schon bewusst, dass es bestimmte gesellschaftliche Rechtfertigungen und Vorurteile gibt, beispielsweise Aussagen wie „Selbst schuld, wenn man sich so betrinkt und mit jemandem mitgeht“. Im Anschluss habe ich mich intensiver mit dem Thema auseinandergesetzt und bin durch eigene Recherchen auf das Phänomen der Vergewaltigungsmythen gestoßen, was schließlich das zentrale Thema meiner Arbeit wurde.

Weshalb ist dieses Thema relevant? 

Ich finde, dass das Thema nach wie vor hochrelevant ist, da in unserer Gesellschaft noch die Tendenz besteht, betroffenen Personen eine Mitverantwortung für die Tat zuzuschreiben oder zu glauben, man könne sich durch eigenes Verhalten in irgendeiner Form schützen. Diese Haltung trägt dazu bei, dass Opfer von Sexualdelikten oft stigmatisiert und nicht ausreichend unterstützt werden. Aus diesem Grund halte ich es für besonders wichtig, das Bewusstsein für diese Problematik kontinuierlich zu schärfen und Vergewaltigungsmythen offen zu thematisieren, um Vorurteile abzubauen und den Opferschutz zu stärken.

Was ist die Kernaussage, das zentrale Ergebnis Ihrer Arbeit oder auch was hat Sie vielleicht besonders überrascht bei Ihrer Recherche?  

Unter Berücksichtigung meiner Umfrage ist das zentrale Ergebnis meiner Arbeit, dass Polizeianwärter*innen insgesamt nur eine geringe Zustimmung von Vergewaltigungsmythen aufzeigen, was eine positive Grundlage für die Polizeiarbeit und dem damit verbundenen Kontakt zu den Geschädigten darstellt. Dennoch sind gezielte Sensibilisierungsmaßnahmen wichtig, um einen empathischen und professionellen Umgang mit den Geschädigten sicherzustellen. 

Was bedeutet Ihnen der Gewinn der POLITEIA-Medaille? 

Der Gewinn der POLITEIA-Medaille bedeutet mir sehr viel, da ich mit einer solchen Auszeichnung nicht gerechnet habe. In meiner Familie haben weder meine Großeltern noch meine Eltern studiert, weshalb es für mich etwas ganz Besonderes ist, eine so gute Note erhalten zu haben und zusätzlich mit einem Preis geehrt zu werden. Besonders bedeutungsvoll ist für mich, dass die Auszeichnung im Bereich der Frauen- und Geschlechterforschung verliehen wurde. Und ich möchte mich an dieser Stelle unbedingt nochmal bei Frau Schühner und Frau Binder bedanken, die mich motiviert haben, mich zu bewerben. 

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