22.06.2023 — Pressemitteilung 33/2023Pressemitteilung 33/2023 | 22.06.2023

Internationalität

Wo die Bildungsreise für deutsche Hochschulen hingeht

Internationalität gehört zur Lehr- und Lernkultur an deutschen Hochschulen. HWR-Präsident Prof. Dr. Andreas Zaby im Interview über Faszination und Notwendigkeit der weltumspannenden Zusammenarbeit.

Prof. Dr. Andreas Zaby ist Präsident der HWR Berlin und Vorstandsmitglied des Deutschen Akademischen Austauschdienstes. Er empfindet es als persönliche und fachliche Bereicherung, mit Menschen aus aller Welt leben, lernen und arbeiten zu dürfen und setzt sich ein für die Internationalisierung deutscher Hochschulen. Foto: Sylke Schumann

Zur Person

Dr. Andreas Zaby ist Professor für Internationales Management an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin) und seit 2016 Präsident der HWR Berlin. Er ist Vorsitzender der Hochschulallianz UAS7, einem Bündnis sieben führender deutscher Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, und wurde im Juni 2023 erneut in den Vorstand des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) gewählt.

Prof. Zaby, wohin hat Sie als Präsident der HWR Berlin Ihre letzte Auslandsreise geführt?

Ich war vor drei Wochen in Kairo und habe die German International University of Applied Sciences (GIU) besucht. Die Verbindung aus akademischer Lehre und Praxisnähe gilt als Erfolgsrezept der deutschen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW), auch noch bekannt als Fachhochschulen. Dieses Modell ist ein Exportschlager. Gemeinsam mit anderen deutschen Hochschulen hat die HWR Berlin mit der 2019 gegründeten GIU dieses Bildungskonzept erfolgreich in Nordafrika etabliert, übrigens als erste Bildungseinrichtung dieser Art auf dem Kontinent. Das ist ein wichtiger, von der Bundesregierung unterstützter Impuls für die Beschäftigungsfähigkeit und für die Bewältigung des Fachkräftemangels eines so bevölkerungsreichen Landes wie Ägypten mit seiner überwiegend jungen Bevölkerung. 

Hier erhält das Wort Horizonterweiterung Bedeutung im eigentlichen Sinn.

Was können deutsche Hochschulen vom Ausland lernen?

Einiges. Das Wichtigste im internationalen Austausch ist die buchstäbliche Weltoffenheit, ein gelebtes Miteinander. Unsere Hauptaufgabe als Hochschulen ist es, Studierenden die Kompetenzen und die Möglichkeit zu geben, sich auf die Zukunft in einer internationalisierten Arbeitswelt vorzubereiten und zur Lösung globaler Herausforderungen beizutragen. Dafür sind länderübergreifende Zusammenarbeit und interkulturelle Begegnungen unverzichtbar. Auch Forschung und Entwicklung ist ein Geben und Nehmen. Wir können vom Ausland lernen, neue didaktische Modelle zu erproben, wie das zum Beispiel mit dem Fallstudienansatz oder dem projektorientierten Lernen der Fall war. Hier erhält das Wort Horizonterweiterung Bedeutung im eigentlichen Sinn.

Weshalb faszinieren Bildungsreisen so sehr?

Schon Goethe schrieb, dass man auf Reisen die beste Bildung findet. Der Austausch von Ideen, Perspektiven und Erfahrungen fördert das Verständnis für andere Kulturen, Denk- und Lebensweisen und trägt zu einer offenen Gesellschaft und zum Abbau von Vorurteilen bei. Er ist das Fundament für ein friedliches Zusammenleben von Menschen über Ländergrenzen hinweg.

Sie sind gerade erneut in den Vorstand des DAAD gewählt worden. Herzlichen Glückwunsch dazu. Was wollen Sie hier bewegen?

Der DAAD ist eine sehr professionell agierende Organisation, um die wir weltweit beneidet werden. Als Vorstandsmitglied möchte ich weiterhin die Arbeit des DAAD unterstützen und seine Interessen auch gegenüber der Politik vertreten. Unsere Aufgabe als Vorstandsmitglieder besteht zudem darin, die Bedarfe der Hochschulen in den DAAD zu spiegeln. Hier sehe ich eine besondere Stärke der Governance-Struktur des DAAD.

Für die kommenden Jahre möchte ich neben der wichtigen Kontinuität auch helfen, Innovationen voranzubringen. Dazu gehört unter anderem, die Digitalisierung der internationalen Mobilität weiter auszubauen, zum Beispiel über COIL-Projekte (Collaborative Online International Learning), die als Teaser für Semestermobilität dienen können. Ferner müssen wir hier über neue Formate nachdenken und wie wir auch den dual Studierenden, deren Zahl stetig steigt, passgenaue Auslandsmobilitäten und entsprechende Förderungen anbieten können. 

Internationale Vernetzung und Zusammenarbeit tragen dazu bei, dass deutsche Hochschulen als attraktive Ziele für ausländische Studierende, Forscherinnen und Forscher und Partnerinstitutionen angesehen werden.

Wie verbessert Internationalität die akademische Qualität deutscher Hochschulen?

Die Zusammenarbeit mit internationalen Studierenden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bringt eine Vielfalt an Fachkenntnissen, Forschungsansätzen und methodischen Herangehensweisen mit sich. Dies kann die Qualität der Lehre und Forschung an deutschen Hochschulen bereichern und zu neuen Erkenntnissen und Innovationen führen. Würden sich deutsche Hochschulen ausschließlich darauf verlassen, im Inland Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu gewinnen, würden sie einen großen Talentpool unberücksichtigt lassen.

Foto: Sylke Schumann

Hochschulen stehen im Wettbewerb, auf nationaler Ebene und auch international. Inwiefern ist Internationalität hier von Vorteil?

Internationale Vernetzung und Zusammenarbeit tragen dazu bei, dass deutsche Hochschulen als attraktive Ziele für ausländische Studierende, Forscherinnen und Forscher und Partnerinstitutionen angesehen werden. Dies wiederum erhöht den internationalen Ruf der Bildungsinstitution hierzulande und kann Kooperationsmöglichkeiten mit in- und ausländischen Partnern eröffnen und den Zugang zu finanziellen Ressourcen schaffen. Außerdem beobachten wir, dass viele leistungsstarke und motivierte Studieninteressierte es sehr schätzen, wenn ihnen ihre deutsche Hochschule ein attraktives Angebot für das Auslandsstudium macht und dies durch Beratung und finanziell unterstützt.

Die HWR Berlin hat inzwischen 15 Doppelabschlussprogramme mit ausländischen Partnerhochschulen im Portfolio.

Welchen Einfluss hat das auf das Studienangebot hierzulande?

Die Globalisierung hat zur Einführung von international ausgerichteten Studiengängen geführt, die auf die Bedürfnisse einer globalisierten Arbeitswelt zugeschnitten sind. Deutsche Hochschulen bieten verstärkt englischsprachige Studiengänge an und integrieren internationale Inhalte in ihre Curricula, um die Studierenden auf internationale Karrieremöglichkeiten vorzubereiten. Die HWR Berlin hat inzwischen 15 Doppelabschlussprogramme mit ausländischen Partnerhochschulen im Portfolio. Studierende absolvieren einen Teil ihres Studiums an der jeweiligen Partnerhochschule, studieren zusammen mit Kommilitoninnen und Kommilitonen dieser Einrichtung und erwerben dann gleich zwei oder in einigen Fällen sogar drei Abschlüsse mit einem Studium.

Welche Rahmenbedingungen müssen sich verbessern, damit das Hochschulsystem gerüstet ist für die Globalisierung und damit einhergehende Herausforderungen?

Die Globalisierung hat den Wettbewerb zwischen Hochschulen weltweit verstärkt. Hochschulen in Deutschland stehen im Wettbewerb um Studierende, Forschungsgelder und Spitzenkräfte aus der ganzen Welt. Um im internationalen Wettbewerb erfolgreich zu sein, müssen deutsche Hochschulen ihre Qualität und Reputation stärken. Dazu wird es neben weiterhin hoher Autonomie unerlässlich sein, dass die Hochschulen eine adäquate Ressourcenausstattung erhalten, um die Studierenden gut betreuen zu können, Forschung und Transfer zu stärken und sich intensiver im Bereich Startups und Entrepreneurship zu engagieren. Die deutschen Hochschulen benötigen dringend Investitionen in ihre Bauten und technischen Infrastrukturen, denn hier besteht großer Nachholbedarf.

Die Globalisierung erfordert außerdem eine verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachdisziplinen. Um globale Herausforderungen anzugehen, müssen Hochschulen Disziplinen wie Wirtschafts- Rechts- und Gesellschaftswissenschaften, Ingenieur- und Naturwissenschaften sowie die Informatik zusammenbringen und vernetztes Denken fördern, auf allen Ebenen – auch zur Schaffung innovativer Studiengänge.

Um im internationalen Wettbewerb erfolgreich zu sein, müssen deutsche Hochschulen ihre Qualität und Reputation stärken.

Wie wichtig ist interkulturelle Kompetenz auf dem Arbeitsmarkt und damit für die Employability der Absolventinnen und Absolventen?

Die Globalisierung beeinflusst auch den Arbeitsmarkt für Hochschulabsolventinnen und -absolventen in Deutschland. Durch die verstärkte internationale Konkurrenz und den Bedarf an globalen Kompetenzen werden bestimmte Fähigkeiten – wie interkulturelle Kommunikation, Sprachkenntnisse und Mobilität – immer wichtiger. Gleichzeitig können global agierende Unternehmen verstärkt Absolventinnen und Absolventen aus anderen Ländern rekrutieren. Das führt zu zunehmendem Wettbewerb um attraktive Stellen.

Ich habe es immer als eine persönliche und fachliche Bereicherung empfunden, mit Menschen aus aller Welt leben, lernen und arbeiten zu dürfen.

Sie selbst sind ein Wanderer zwischen den Welten. Was fasziniert Sie immer wieder aufs Neue am Austausch mit Menschen aus aller Welt?

Ja, ich bin in einer deutsch-amerikanischen Familie mit Wurzeln in Böhmen und Irland aufgewachsen, bin in Bayern und Minnesota zur Schule gegangen und habe in Bayreuth und San Diego studiert und anschließend unter anderem in Zürich und in Chapel Hill in den USA gearbeitet – bevor ich dem Ruf an die HWR Berlin folgte. Ich habe es immer als eine persönliche und fachliche Bereicherung empfunden, mit Menschen aus aller Welt leben, lernen und arbeiten zu dürfen.

Prof. Zaby, ich danke Ihnen für das Gespräch.


Das Interview führte Sylke Schumann, Pressesprecherin der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin).


Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin)
Die Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin ist mit über 12 000 Studierenden eine der großen Hochschulen für angewandte Wissenschaften – mit ausgeprägtem Praxisbezug, intensiver und vielfältiger Forschung, hohen Qualitätsstandards sowie einer starken internationalen Ausrichtung. Das Studiengangsportfolio umfasst Wirtschafts-, Verwaltungs-, Rechts- und Sicherheitsmanagement sowie Ingenieurwissenschaften in über 60 Studiengängen auf Bachelor-, Master- und MBA-Ebene. Die HWR Berlin unterhält 195 aktive Partnerschaften mit Universitäten auf allen Kontinenten und ist Mitglied im Hochschulverbund „UAS7 – Alliance for Excellence“. Als eine von Deutschlands führenden Hochschulen bei der internationalen Ausrichtung von BWL-Bachelorstudiengängen und im Dualen Studium belegt die HWR Berlin Spitzenplätze in deutschlandweiten Rankings und nimmt auch im Masterbereich vordere Plätze ein. Die HWR Berlin ist einer der bedeutendsten und erfolgreichen Hochschulanbieter im akademischen Weiterbildungsbereich und Gründungshochschule. Die HWR Berlin unterstützt die Initiative der Hochschulrektorenkonferenz „Weltoffene Hochschulen – Gegen Fremdenfeindlichkeit“.

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